Kneten, falten & ruhen lassen — das Glutennetzwerk aktivieren
Im weiteren Verlauf erkläre ich die traditionellen Techniken, damit du sehen kannst, was zum Knetprozess gehört. Von Hand zu kneten ist ein toller Weg, um herauszufinden, wie der Teig sich während des Prozesses verändert, und um zu verstehen, was es wirklich bedeutet, das Glutennetzwerk zu aktivieren. Auch wenn der Thermomix® uns diese Schritte abnimmt, ist es eine tolle Erfahrung, wenigstens einen Teig von Hand zu kneten, um zu merken, wie der Teig arbeitet.
Kneten eines trockenen Teigs – So aktivierst du das Glutennetzwerk
Wenn du die traditionelle Technik ausprobieren möchtest, nachdem du die Teigzutaten in einer Schüssel vermengt hast, brauchst du etwa 8–10 Minuten für die Knetbewegung. Am besten knetest du den Teig auf einem leicht bemehlten, breiten Holzbrett. Bei der Technik geht es vor allem darum, den Teig zu dehnen und wieder zusammenzufalten und von Zeit zu Zeit zu schaben, um das Gluten im Teig zu aktivieren.
Los geht's
Nimm den Teig mithilfe des Teigschabers oder den Händen aus der Schüssel und lege ihn auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche. Den restlichen Teig an den Händen kannst du mit dem Teigschaber ablösen. Danach die Hände leicht mit Mehl bestäuben und mit den Dehn- und Ziehbewegungen beginnen.
So verbindet der Teig sich schneller
Dazu den Teig in einer schnellen Bewegung mit einer Hand über die Arbeitsplatte spannen und mit der anderen das untere Ende festhalten. Das obere Ende wieder zurückfalten. Das Dehnen und Falten 4–5 Minuten lang wiederholen, dabei die Teigreste immer wieder mit in den Teig einarbeiten, um die Menge an klebrigem Teig auf der Fläche zu verringern. Dies hilft dabei, dass sich der Teig schneller verbindet.
Die Dehn- und Faltbewegungen wiederholen, bis der Teig eine dehnbare Konsistenz erreicht hat und beim Ziehen nicht mehr einreißt. Jetzt kann der Teig zur Kugel geformt werden, indem du ihn ineinanderfaltet und aufrollst, bis du einen schönen, runden Ball hast. Diesen in die Schüssel geben und mit einer Duschaube oder Frischhaltefolie abdecken. Der Teig kann nun in Ruhe gehen, damit er für die Falttechnik vorbereitet ist.
Kneten eines feuchten Teigs – eine recht klebrige Angelegenheit
Solltest du dich je gefragt haben, warum ich nicht Mitglied eines Fitness-Studios bin, probiere mal, einen feuchten Teig mit den Händen zu kneten. Anders als trockener Teig, dessen Bearbeitung auch schon einem Training für die Arme gleicht, beansprucht ein feuchter Teig die gesamte Körperkraft. Probiere es einfach einmal, dann weißt du bescheid und weißt den Thermomix® noch mehr zu schätzen.
Einen feuchten Teig zu kneten ist in etwa wie der Versuch, etwas von Kaugummi zu befreien – es löst sich niemals vollständig. Brote wie Ciabatta und Focaccia bestehen aus feuchten Teigen, die nach dieser Knettechnik verlangen, damit das Gluten aktiviert wird. Du kannst die Verwandlung während des Prozesses wirklich beobachten. Nimm den Teig mithilfe einer Teigkarte aus der Schüssel und gib ihn auf eine Arbeitsfläche, die leicht mit Mehl bestäubt ist. Befreie deine Hände mit der Teigkarte von so viel Teig wie möglich. Reibe die Hände leicht mit Mehl ein und beginne mit den Ziehbewegungen.
Für mehr Elastizität
Geht wie folgt vor: Zieh etwas Teig mit einer Hand 30–40 cm hoch in die Luft, ehe du ihn zurück auf sich selbst schlägst. Dies ist eine schnelle Bewegung und du müsst sie etwa 30–40 Sekunden lang wiederholen. Dann schabst du den Teig von der Arbeitsfläche und wiederholst das Prozedere insgesamt 8- bis 10-mal. Der Teig wird nun elastischer Dies tut er, sobald das Gluten zu arbeiten beginnt und aktiv wird. Fahre mit dem Ziehen, Schlagen und zwischendurch Schaben so lange fort, bis du einen recht glatten und sehr elastischen Teig hast.
Zügig arbeiten
Der Teig wird stark an der Arbeitsfläche kleben, aber in diesem Stadium kannst ihr beginnen, die Teigkarte einzusetzen, um ihn zu formen. Schabe in kreisförmigen Bewegungen, um den Teig unterzuheben und dabei eine Kugel mit der Teigkarte zu formen. Dies kann 2–3 Minuten dauern und je schneller du dabei arbeitest, desto weniger wird der Teig kleben. Schieb die Teigkarte unter den Teig, hebe ihn rasch an und gib ihn in die Schüssel. Arbeite schnell, damit der Teig nicht durch deine Finger fällt. Spanne wieder eine Folie über die Schüssel und lass den Teig gehen.
Gehen lassen & falten – gib dem Brot Struktur
Nach dem Kneten gibst du den Brotteig zurück in die Schüssel. Nun ist er Teig bereit, das erste Mal zu gehen. Dies kann 3–6 Stunden dauern, und während dieser Zeit ist es für einige Rezepte notwendig, den Teig zu falten, um das Gluten weiter zu verteilen und dadurch eine schöne Elastizität im Teig zu erreichen. Das Falten ist tatsächlich ziemlich einfach. Sobald das Gluten während des Knetens aktiviert ist, ist es wichtig, dass du die Verantwortung für die „Brotstruktur“ übernimmst.
Strukturen schaffen
Ziel ist es, langsam eine Art stabiles Gerüst zu schaffen, sodass der Teig später den hohen Temperaturen widerstehen und in die richtige Richtung wachsen kann, ohne während des Backens in sich zusammenzufallen. Im Grunde genommen bringt ihr die „Mitarbeiter“ im Teig in Form und sagt ihnen ab und an mit dem Falten, in welche Richtung sie zu laufen haben. Indem ihr den Teig faltet, beschränkt ihr sie auf ein bestimmtes Areal, damit sie richtig arbeiten. Bei gutem Brot geht es permanent darum, Strukturen zu schaffen, weshalb das Falten auch so wichtig für einige Rezepte ist.
Immer wieder ruhen lassen
Die Folie von der Schüssel entfernen und mit der Hand die Unterseite des Teigs greifen. Zieh ihn etwas nach oben und falte ihn in Richtung des gegenüberliegenden Rands der Schüssel.
Wiederhole diesen Prozess, indem du einmal um die gesamte Schüssel arbeitest, und das rund 4- bis 5-mal, bis du fühlen kannst, dass der Teig etwas fester geworden ist. Abdecken und je nach Rezept 30 Minuten bis zu 1 Stunde ruhen lassen.
Dieser Artikel ist ein Kapitel aus meinem Buch „Gutes Brot“. Mit einem Klick auf das Cover kannst du das ganze Buch lesen.